KATHARSIS

666 (2000)


Selbstverständlich kommt man nicht umhin, gewisse große Vorbilder nennen zu müssen, um dem Nachwuchs das katharsische Element näher zu bringen. Doch ist es aus heutiger Sicht noch schlau, das unerfahrene Publikum mit dem Namen eines Duos zu konfrontieren, dessen neue Kreationen mal wieder die selbsterklärten Verfechter "wahrheitsgetreuer" Musik weinerlich aufschreien lässt, obwohl jenes Zielobjekt sich in seiner Einstellung nie geändert hat? Wie immer beruhen solche im Prinzip einfachen Sachverhalte auf der Theorie der Ansichtssache. Ich finde, Darkthrone dürfen angesichts dieser uneingeschränkten Verneigung vor alten Glanztaten durchaus erwähnt werden.
Was jedoch keinesfalls heißen mag, dass die Zwickauer unfähig wären, Ideen einzubringen, welche auf ihrem eigenen Mist gewachsen sind. So wirft der zutiefst satanische Debütbrecher lauter kleine Thrash-Massaker ins ansonsten atmosphärisch gestaltete Fegefeuer des frühen Schwarzmetalls. Selbst unkontrollierte Ausbrüche, beispielweise am Ende des Hoheliedes vorzufinden, sind keiner Zensur zum Opfer gefallen - wäre doch jammerschade, wenn ich ohne das hasserfüllte "Fuck You!" oder das verächtliche Gelächter mein Tagewerk fortsetzen müsste. Das gut halbstündige Vergnügen käme auch nur halb so gut, wenn die Gitarren nicht genauso säuselnd aus der Anlage schallen würden, vom Klang der irrwitzigen Soli sowie den auspeitschenden Schlagzeug-Patterns ganz abgesehen. Die infernalischen Samples sind natürlich vom Feinsten, gefolgt von noch krankeren Schreien seitens des Vokalisten und des Gitarristen. Warum können solche genialen Klänge, die zeitweise sogar an In The Woods ("The Black Grail") erinnern, mich nicht auch in livehaftiger Form umhauen? Bis heute vernehme ich diesbezüglich entweder plumpe, unlogische Erklärungsversuche oder zurückhaltendes, ratloses Schweigen. Verflucht noch einmal.
Inwiefern man "666" als Huldigung an launische Idole sieht, bleibt jedem natürlich selbst überlassen. Meiner Meinung nach haben es Katharsis dennoch verdient, trotz aller Kopiervorwürfe zumindest allgemeine Akzeptanz zu erzielen. Spätestens nach den ersten Durchläufen sollte klar sein, dass dieses Werk einen Fels in der deutschen Brandung darstellt, dessen Wichtigkeit nicht unterschätzt werden darf.

8.5 /10

 

Amicus
24.12.2005


Redaktionsbewertung:
Amicus 8.5 odium 9
Wolfsgrimm 8 Ewigkeiten 8
Herr B. 8
Gesamtdurchschnitt: 8.3