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Zeit ist des schnelllebigen, detailarmen Albums Tod. Erst dieser Faktor entscheidet über weitere Ehrenrunden oder den
sofortigen Rausschmiss aus der mattschwarzen Hochburg des Hauses. Ein Tonträger kann noch so spannend oder kurzweilig
bespielt werden: Wenn das Material nicht in der Lage ist, Widerhaken zu schlagen, fiebert man eher dem Ende entgegen
als dass das mühselige Martyrium erneut Laut gibt. Auch Naer Mataron haben manchmal motivationslose Phasen gehabt, in
denen ausschließlich lasche, furchtbarst öde Lückenfüller aus dem ungeübten Handgelenk geschüttelt wurden. Doch dann
schmetterte der ruhmhafte Zweitling "Skotos Aenaon" über so manch rumpelige Anlage, dessen überraschend zwangfreies
Songwriting vereinzelte Kinnladen dazu bewegte, hart auf dem Boden (der keifend-wütenden Tatsachen) zu landen. Gut
24 Monate später drang der vorliegende Longplayer in die Ohren einer noch überschaubaren Menge an Anhängern und
begeisterte abermals aufgrund des frischen, spielfreudigen und hervorstechend guten Liedgerüstes, das das Quartett
allerdings bis dato nicht mehr zu toppen wusste, da "Discipline Manifesto" sich zwar imposant vorstellte, aber danach
genauso schnell wieder durch neue Kracheralben von anderen Gruppen ersetzt wurde.
Somit fällt der Blick zurück auf den momentanen Band-Spitzenreiter, dessen optische Reize (Frontcover) leider nie die
verführerischsten waren. Ein relativ unspektakuläres Synthetik-Intro mit Marschtrommeln setzt das erste Zeichen,
gefolgt vom stürmischen Opener "The Continuity Of Land And Blood", dessen ungestümes Zupacken auch heute noch dem
vielerseits überbewerteten Sumpf des Mittelmaßes den hellenischen Stinkefinger entgegenstreckt. Doch stellt jenes
Stück erst eines von insgesamt neun wochenfüllenden Hymnen inklusive sehr netter Huldigung an die norwegische Legende
Ved Buens Ende dar. Denn mit Eintreffen von "The Great Meridian Tide" stößt das melancholische Element hinzu, welches
überwiegend durch dunkel gefärbte Übergänge oder zusätzliche, hochtönende Gitarrenspuren besticht. Rechnet man nun
erfrischend abwechslungsreiches Songwriting, kräftige Heiserkeit und rastlos-punktgenau gespielte Felldrescherei
hinzu, ergibt dies in ungefähr alle Eigenkompositionen.
Doch da diese Beschreibung auch auf andere, weitaus langweiligere Kapellen zutrifft, bedarf es einer genauen
Absteckung von Naer Matarons Spielfeld, als selbst ausgesuchte Blaupause darf daher der längste Schinken "Salvatores
Dei" herhalten. Getragen bediente Streicher, ähnlich denen vom aktuellen Urfaust-Geniestreich, eröffnen den achten
Satz dieses Werkes, gefolgt von schnell nach vorne preschenden Schlägen, mehrspurigen, leicht düsteren Gitarren und
der in den Hauptteilen vorhandenen Lead. Majestätik folgt auf aggressives, mindestens fünf Bünde übergreifendes
Zwischenspiel folgt auf nachdenklich stimmende Anfangsraserei. Hin und wieder brüllt uns der stimmlich sehr kräftige
Frontmann ins Ohr, bevor er zum nächsten Part übergeht und damit meistens alleine beginnt. Den letzten Schliff
vollführt eine kleine, knackige Passage, geführt von der in hohen Tönen singenden Gitarre.
Heißt im Klartext: Die Griechen ziehen wie in guten alten Zeiten in den Kampf gegen den Rest der Welt und merzen den
Großteil gleichaltriger Konkurrenzplatten ohne Mühe aus. Kein Wunder, schließlich schaffen es Naer Mataron,
unverbraucht und erfahren zugleich zu Werke zu gehen - ein waghalsiges Manöver, an dem schon hunderte Kombinationen
kläglich gescheitert sind. Diese gehört (noch) nicht dazu, obwohl der Qualitätspfeil anno 2006 leicht nach unten
zeigt. Vielleicht ist jene Entwicklung aber auch nur eine kleine Finte, um dann endgültig in die Annalen des Black
Metal einzugehen... wer weiß. |
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