|
Gravferd scheinen mir eine Norwegertruppe von der Sorte zu sein, die um 95/96 die Debüts von Covenant, Troll,
Limbonic Art und Gehenna auswendig kannten und bewundert haben, und zwar so sehr, dass sie in sicherlich zartem
Alter selbst eine Band gründeten. Nach vier Demos in fünf Jahren, was ja nun auch nicht gerade der extreme
Lauschangriff ist, war's vorerst vorbei mit der Kreativität. 2005 waren Gravferd zurück, so unbekannt wie eh und je
- bis Northern Silence sich der Jungs annahm und jetzt, versammelt auf einer CD, drei dieser Demos einer breiteren
Öffentlichkeit zugänglich macht. Übrigens ausnahmsweise mal nicht neu eingespielt, gemischt oder gemastert, sondern
100%ig original.
"Av Hedensk Blod"
Das 97er Demo ist, soviel kann ich schon vorwegnehmen, das Schmuckstück in Gravferds bisheriger Diskographie.
Vordergründig ist wohl der vielbeschworene "Geist des Anfangs" dafür verantwortlich, der nicht nur leeres Gerede
ist: dieses Demo ist unbeschwert, vereint traditionellen norwegischen Black Metal (mit norwegischen Texten) mit
einem Anflug eigenen Stils und zeigt Synthesizer in einem so gänsehauterregend verwendeten Maße, wie es damals nur
Emperor oder eben Covenant vergleichbar konnten. Zudem sind die fünf Stücke genau auf dem schmalen Grat zwischen
Rohheit, Majestizität und Hörbarkeit produziert, die man heutzutage mit digitalen Schlafzimmeraufnahmen nicht mehr
hinbekommt. Rauschen und kaum hörbare Unregelmäßigkeiten in der Abspielgeschwindigkeit des Tapes sind Zutaten, die
vor noch gar nicht langer Zeit zum Demohörgenuss einfach dazugehörten. Heute ist das leider anders.
Es ist schon wirklich seltsam, dass Gravferd damit, immerhin vor fast 10 Jahren, keinen Deal erhaschen konnten. "Av
Hedensk Blod" ist nicht schlechter als "In Times Before The Light", die Manes-Demos oder "Epitome Of Illusions" -
ein wunderbar organisches, reines Stück Black Metal, gekonnt gemacht und unheimlich vielversprechend. Dass es mit
Gravferd damals nichts geworden ist, kann man vielleicht mit den beiden folgenden Demos erklären. (9)
"Nightplay"
Wann ist DHGs "Monumental Possession" rausgekommen? 96, oder? Scheint auf jeden Fall nachhaltig Einfluss auf
Gravferd gehabt zu haben, denn "Nightplay" ist ein gutes Stück thrashiger als "Av Hedensk Blod" und versprüht auch
insgesamt ein anderes Flair: moderner, rockiger, eigener. Eindeutig norwegische, unverkennbare Black-Metal-Parts
gibt's zwar noch immer, dafür kein Keyboard mehr, was durchaus ein großer Verlust ist. Außerdem bin ich mir noch
nicht so richtig darüber im Klaren, ob der Wechsel zu englischen Titeln und Texten (auch hier analog zu DHG) der
Stimmung gut getan hat. Die vier Stücke sind im Vergleich zu ihren 97er-Vorgängern wesentlich abwechslungsreicher
und düsterer, dafür weniger griffig und zudem dumpfer, weniger feinfühlig produziert. Insgesamt kann ich mich des
Eindrucks nicht erwehren, "Nightplay" sei internationaler und "gewollter" als "Av Hedensk Blod", und ich weiß
wirklich nur sehr sehr wenige Beispiele, in denen das der künstlerischen Zukunft einer Band gut getan hat. So ist
"Nightplay" ein zwar gutes Promo, zeugt aber nicht gerade von vollendeter Stilsicherheit und deutet außerdem an,
dass Gravferd zu mehr Überraschungen fähig sein könnten, als es dem konservativen Liebhaber truen norwegian black
metals in den Kram passt. (7)
"The Savage Heart"
Zwei Jahre später. Gravferd nehmen, noch immer ohne Deal, ein weiteres Demo auf. Liegt's an der Faulheit der Jungs,
mal ein paar Tapes rumzuschicken, oder am Ende wirklich an ihrer musikalischen Qualität, dass sich selbst nach fünf
Jahren kein Label gefunden hatte? Ich tippe auf beides. "The Savage Heart" ist nicht nur noch um ein gutes Stück
thrashiger als "Nightplay", sondern sogar ziemlich gesichtslos. Kein Gänsehautriff, keine subtilen Stimmungen, und
leider weiterhin keine Keyboards - dafür eine Menge grooviger Metalparts, unnütze Soli, unausgegorener Sound und
als Krönung der Enttäuschung sogar ein paar Death-Metal-Grunts. Mit ihrem Jahrtausendwechsel-Demo haben Gravferd
meiner Meinung nach den Tiefpunkt ihres Schaffens erreicht, was folgerichtig und pfiffigerweise zu einer
anschließenden fünfjährigen Pause geführt hat. Spektakuläreres kann ich dazu wirklich nicht schreiben. (4)
Ob sie diese Pause zu einer Rückbesinnung auf ihre alten Qualitäten genutzt haben, werden wir wohl im Laufe des
Jahres erfahren, wenn ihr Debütalbum erscheinen soll. Das letzte Demo "Philosophize" (auf der Homepage
herunterzuladen) deutet leider an, dass sich Gravferd zu einer modernen Black-Metal-Band mit Einflüssen aus allen
Metalrichtungen entwickelt haben, die in Zeiten von Zyklon und ähnlichen Langweilerzusammenrottungen zumindest
meines Erachtens verdammt unnötig ist. Allerdings würde ich den Kauf dieser CD hier durchaus empfehlen, weil
mindestens "Av Hedensk Blod" sein Geld wert ist - wenn Ihr zweifelt, seht's mal so: andere Labels hätten genau
dieses eine Demo einzeln für denselben Preis veröffentlicht, für den Ihr jetzt noch zwei Aufnahmen obendrauf
kriegt. Auch wenn die nicht die Offenbarung sind. |
|