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"Nocte Obducta sind Geschichte" formulierte man es treffend auf der Heimseite betreffenden Trupps deutschen Black
Metals aus. Für jede Menge Anhänger der Verblichenen dürfte sich demnach Agrypnie, das nun fokusierte Projekt von
Ex-N.O.-Vokalist Torsten "Der Unhold" Hirsch, als Hoffnungsträger herausstellen. Doch wer erwartet, hier eine
konsequente Fortführung des N.O.-Sounds vorzufinden, wird sich enttäuschen lassen müssen.
Sicher geizt die konzeptionelle Ausrichtung "F51.4"s vorerst nicht mit Reizen. Immerhin scheinen Thematiken wie
Schizophrenie, Psychose und Paranoia einen festen Platz im lyrischen Konglomerat schwarzmetallischer Expressionen
gefunden zu haben. Auf Agrypnies Albumeinstieg allerdings geht man textlich einen allzu plakativen Weg. Metaphorisch
gesprochen sind Beinahe-Weinerlichkeit und Plumpheit Steine, die ein Begehen noch umständlicher machen - besonders
da die darstellende Umsetzung ein Verstehen durchaus möglich macht. Da spielt es auch keine Rolle, ob die Schriften
von N.O.s Marcel Breuer verfasst wurden oder nicht. Faktual findet man hier alles, was den jugendlichen
Hobby-Depressiven zu theatraler Profilierung animiert. Sicher nicht beabsichtigt, aber trotzdem kaum niveauträchtig.
Doch zum Wesentlichen... "F51.4" wird in der Promo-Beilage bereits als "(Melodic) Black Metal" angekündigt. Ein
böses Omen? Möglich. Eindeutiger wäre die Antwort, hätte man es hier wirklich mit dem zu tun, was wir 'landläufig'
unter Black Metal verstehen. Eher konservativ gearteten Vertretern wird diese Stilisierung beim Hören des Albums
nämlich gar nicht schmecken. Sicherlich, in schnelleren Momenten fahren besonders die Gitarren gewohnte Schemata
ab, sägen sich wohlwollend ins Ohr des Konsumenten. Geboten werden, sei's gut, sei's schlecht, schwedisch geprägte
Melo-Dramaturgien, die meist unumständlich Wirkung zeigen. Auch die gesangliche Darbietung lässt noch
BM-Tauglichkeit erkennen, auch wenn Der Unhold ab und an eher dem Gegröle frönt, statt sich etwaigen Aggressionen
hinzugeben. Den Quasi-Platzverweis hat sich Torsten allerdings damit erlaubt, einen Stromtrommler zu verwenden.
Überlegungen, ob hiesige Sterilität vielleicht die Stimmung pushen soll, verlaufen sich im Sand - der Drumsound ist
schlicht fehl am Platze. Gerade als ehemaliger Nocte Obducta-Schreihals wäre es unter Garantie keine Schwierigkeit
gewesen, sich um einen Session-Musiker zu bemühen und die (technisch nicht übermäßig anspruchsvollen) Stücke von
diesem eintrümmern zu lassen. So jedoch quält sich das Material unter der Last programmierter Künstlichkeit über
51,4 Minuten hinweg. Lediglich in gemäßigten Passagen fällt dieser Fauxpas nicht derart ins Gewicht (wie zum
Beispiel beim gelungen-melancholischen "Intro"). Der aalige Mix, sicherlich initiiert, fördert eben Transparenz, wo
eigentlich keine sein sollte. Hier heißt's einfach nur: Pech gehabt.
Die Kompositionen an sich sind nicht selten von Pappe, sprich sich anbahnende Atmosphären werden durch den
penetranten Drang zur Mannigfaltigkeit oftmals kurzerhand untergraben. Anleihen aus dem Death Metal-Sektor fügen
sich nicht reibungslos ins Gefüge ein, grooven zu sehr, verwässern die erhoffte Authentizität der Stücke. Seine
annehmbaren, gelungenen Momente kann "F51.4" dennoch durchaus vorweisen, weshalb dann ein solch verhaltener
Rezensent? Nun, ganz simpel: Mir persönlich fehlt's hier nachdrücklich an ausmusizierter, greifbarer Bitternis und
Tiefe. Dieses Album ist ein unkomplettierter Schnellschuss, nichts weiter. Vom ersten Zeichen des Post-Nocte
Obductaischen Schaffens hätte ich mir um Einiges mehr erwünscht. So bleibt ein halbausgeklügeltes, halbfertiges,
halbschlechtes Machwerk, das sich lediglich durch seinen Mainstream-Charakter und die unverdienten
Vorschusslorbeeren ein paar Abnehmer an Land ziehen kann und demnach auch nur die halbe Punktzahl verdient hat. |
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