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Erst zerfahren, dann interessant, dann großartig.
Das könnte in etwa die Kurzversion meiner Erfahrungen mit "Voust" sein. Doch damit kann wohl niemand sonderlich
viel anfangen, hier also etwas ausführlichere Erläuterungen. Nach "Inter Uterum Et Loculum" konnte man von Locus
Mortis Einiges erwarten, offenbarte das Debüt unter der nicht sonderlich gelungenen Produktion doch recht hörbare
Musik. Die erste Begegnung mit dem neuen Werk war dann eher ernüchternd. Das kann natürlich daran liegen, dass ich
- gebranntes Kind scheut das Feuer - prinzipiell mit Enttäuschungen rechne, wenn ich aus irgendwelchen Gründen
tatsächlich Hoffnungen hege. Doch in diesem speziellen Fall würde ich in der Rückschau eher dazu neigen, die
"Schuld" an meiner anfänglichen Verstimmung der Tatsache zuzuschieben, dass Locus Mortis sich einfach zu sehr
entwickelt haben. Das ist nichts Negatives, aber mit "Inter Uterum..." im Ohr ist man auf "Voust" schlicht nicht
ausreichend vorbereitet. Und das liegt noch nicht mal daran, dass die Band jetzt etwas komplett anderes machen
würde. Vielmehr kommt es mir so vor, als hätten die Italiener auf einen Schlag eine Entwicklung vollzogen, die
normalerweise zwei oder drei Alben länger dauern würde. Deshalb halte ich es für empfehlenswert, der Scheibe ein
paar Durchgänge zu gönnen, auch wenn der allererste Eindruck nicht sonderlich spektakulär sein mag. Es lohnt sich
durchaus.
Der Promotext der Plattenfirma wirft Namen wie Deathspell Omega, Ondskapt und Glorior Belli in den Raum - um damit
in erster Linie daneben zu liegen. Locus Mortis musizieren nämlich weit entfernt vom Kopfkrampf à la DsO oder vom
Epigonentum der Marke GB. Neoschwedisch-orthodox geben sie sich auch nicht, aber der Ondskapt-Vergleich bringt uns
zumindest auf die richtige Fährte: Mayhem. Denn wenn man "Voust" partout mit etwas vergleichen muss, dann fällt mir
als sinnvollste Referenz das Titelstück von "De Mysteriis Dom. Sathanas" ein. Locus Mortis vermitteln bisweilen
ein ähnliches Gefühl von Majestätik und Größe wie jenes beste Lied aller Zeiten. Ansonsten finde ich "Voust" aber
recht eigen, nicht bahnbrechend, aber erfreulich charaktervoll. Die wichtigste Voraussetzung für die enorme
Entwicklung der Italiener war sicher die Hinzunahme eines Trommlers aus Fleisch und Blut. Der Mann bearbeitet die
Felle so energisch, dass es eine wahre Freude ist. Doch auch die Sechssaiter sind heuer in ganz anderen Sphären
unterwegs als noch zu Zeiten des Debüts. Ob nun flirrende Läufe in den rasenden Abschnitten oder erhabene Melodien,
wenn es etwas gemäßigter zugeht - die Gitarren sorgen immer wieder für das gewisse Extra. Und als wenn das noch
nicht genug des Lobes wäre, muss ich auch den mächtigen Gesang hervorheben, der durch die italienischen Texte eine
besondere Note erhält.
Locus Mortis ist mit "Voust" ein vielschichtiges Album gelungen, das sich glücklicherweise nicht selbst im Weg
steht. Es passiert musikalisch zwar eine ganze Menge, doch nach kurzer Gewöhnung funktioniert die Scheibe eben
auch auf emotionaler Ebene und schon bald kristallieren sich so viele unglaublich packende Momente heraus, dass ich
mich im Rückblick fragen muss, ob ich beim ersten Durchlauf auf meinen Ohren gesessen habe. Wahnsinnsalbum. |
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