LOCUS MORTIS

Voust (CD 2007)


Erst zerfahren, dann interessant, dann großartig.
Das könnte in etwa die Kurzversion meiner Erfahrungen mit "Voust" sein. Doch damit kann wohl niemand sonderlich viel anfangen, hier also etwas ausführlichere Erläuterungen. Nach "Inter Uterum Et Loculum" konnte man von Locus Mortis Einiges erwarten, offenbarte das Debüt unter der nicht sonderlich gelungenen Produktion doch recht hörbare Musik. Die erste Begegnung mit dem neuen Werk war dann eher ernüchternd. Das kann natürlich daran liegen, dass ich - gebranntes Kind scheut das Feuer - prinzipiell mit Enttäuschungen rechne, wenn ich aus irgendwelchen Gründen tatsächlich Hoffnungen hege. Doch in diesem speziellen Fall würde ich in der Rückschau eher dazu neigen, die "Schuld" an meiner anfänglichen Verstimmung der Tatsache zuzuschieben, dass Locus Mortis sich einfach zu sehr entwickelt haben. Das ist nichts Negatives, aber mit "Inter Uterum..." im Ohr ist man auf "Voust" schlicht nicht ausreichend vorbereitet. Und das liegt noch nicht mal daran, dass die Band jetzt etwas komplett anderes machen würde. Vielmehr kommt es mir so vor, als hätten die Italiener auf einen Schlag eine Entwicklung vollzogen, die normalerweise zwei oder drei Alben länger dauern würde. Deshalb halte ich es für empfehlenswert, der Scheibe ein paar Durchgänge zu gönnen, auch wenn der allererste Eindruck nicht sonderlich spektakulär sein mag. Es lohnt sich durchaus.
Der Promotext der Plattenfirma wirft Namen wie Deathspell Omega, Ondskapt und Glorior Belli in den Raum - um damit in erster Linie daneben zu liegen. Locus Mortis musizieren nämlich weit entfernt vom Kopfkrampf à la DsO oder vom Epigonentum der Marke GB. Neoschwedisch-orthodox geben sie sich auch nicht, aber der Ondskapt-Vergleich bringt uns zumindest auf die richtige Fährte: Mayhem. Denn wenn man "Voust" partout mit etwas vergleichen muss, dann fällt mir als sinnvollste Referenz das Titelstück von "De Mysteriis Dom. Sathanas" ein. Locus Mortis vermitteln bisweilen ein ähnliches Gefühl von Majestätik und Größe wie jenes beste Lied aller Zeiten. Ansonsten finde ich "Voust" aber recht eigen, nicht bahnbrechend, aber erfreulich charaktervoll. Die wichtigste Voraussetzung für die enorme Entwicklung der Italiener war sicher die Hinzunahme eines Trommlers aus Fleisch und Blut. Der Mann bearbeitet die Felle so energisch, dass es eine wahre Freude ist. Doch auch die Sechssaiter sind heuer in ganz anderen Sphären unterwegs als noch zu Zeiten des Debüts. Ob nun flirrende Läufe in den rasenden Abschnitten oder erhabene Melodien, wenn es etwas gemäßigter zugeht - die Gitarren sorgen immer wieder für das gewisse Extra. Und als wenn das noch nicht genug des Lobes wäre, muss ich auch den mächtigen Gesang hervorheben, der durch die italienischen Texte eine besondere Note erhält.
Locus Mortis ist mit "Voust" ein vielschichtiges Album gelungen, das sich glücklicherweise nicht selbst im Weg steht. Es passiert musikalisch zwar eine ganze Menge, doch nach kurzer Gewöhnung funktioniert die Scheibe eben auch auf emotionaler Ebene und schon bald kristallieren sich so viele unglaublich packende Momente heraus, dass ich mich im Rückblick fragen muss, ob ich beim ersten Durchlauf auf meinen Ohren gesessen habe. Wahnsinnsalbum.

9 /10

Aeternitas Tenebrarum Music Foundation

 

Erik
29.10.2007