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Mit Allem, was im Black Metal als "progressiv" oder "avantgardistisch" verkauft werden soll, verbindet mich eine
Hassliebe: Prinzipiell bin ich Experimenten durchaus zugetan, aber in der Praxis entpuppt sich vieles entweder als
langweilig oder als unhörbarer Unsinn, bei dem vorgebliche "Progressivität" das nicht vorhandene kompositorische
Talent ersetzen soll. Doch natürlich gibt es auch Bands, die tatsächlich ganz eigene Wege gegangen sind und dabei
auch noch gut waren. In erster Linie kommen mir da Ved Buens Ende und Fleurety in den Sinn, weshalb es recht natürlich
ist, dass deren Erwähnung in einem Werbetext trotz aller Skepsis meine Neugierde weckt.
Hat man sich dann mit den so beworbenen Kailash auseinandergesetzt, kommt man zu dem Schluss, dass Werbung nicht
unbedingt immer der Wahrheit verpflichtet ist. Ausnahmsweise ist das aber kein Beinbruch, denn auch wenn das Debüt
der Italiener nur mit seiner entrückten Atmosphäre entfernt an "Those Who Caress The Pale" oder "Min Tid Skal Komme"
erinnert, so ist es dennoch ein ganz vorzügliches Scheibchen. Kailash spielen modernen, durchaus melodischen Black
Metal, der - obwohl viel verspielter - SOTMs "Antithesis" nicht gänzlich unähnlich ist. Gemeinsam ist beiden Scheiben
vor allem dieses Treibende, Fließende, das nicht auf Raserei angewiesen ist (allerdings wird ab und zu dennoch
ordentlich losgelegt). Veredelt wird das Ganze durch ein paar vertracktere Abschnitte, die nahelegen, dass bei Kailash
auch mal Cynic oder Death gehört werden. Aus diesen Einflüssen basteln die Italiener stimmige Lieder, die zumindest
mir auf Anhieb gefallen haben und auch auf längere Sicht Hörgenuss versprechen.
Kritik verdient aus meiner Sicht lediglich der Einsatz des Saxophons. Nein, das Teil klingt keineswegs schlecht; im
Gegenteil: es passt ganz wunderbar zu Kailashs Musik, die von den üblichen Winterwäldern denkbar weit entfernt ist.
Nur hat man sich mit diesem für BM-Verhältnisse doch eher ungewöhnlichen Instrument so sehr zurückgehalten, dass der
Eindruck einer nicht zu Ende ausgearbeiteten Last-Minute-Idee entsteht. Doch bei genauer Betrachtung ist das natürlich
weniger Kritik als vielmehr ein Wunsch für das nächste Album: Bitte mehr davon. |
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