NIGHTFOREST

Winternight (CD/MC 2011)


Nightforest haben uns eben erst mit einer Split mehr oder weniger verwöhnt, da steht die Truppe auch schon mit ihrem ersten kompletten Album auf der Matte. Weiterentwicklung oder Wachstum, sagt der Skeptiker in mir, darf man da wohl nicht erwarten. Also lediglich mehr vom Gleichen?
Bevor man diese Frage beantworten kann, muss man ein überlanges Intro aus Wasserrauschen, Akustikgitarren und gar schrecklich klingenden Digivögeln über sich ergehen lassen. Doch wenn auch nicht sonderlich erhebend, so geben diese sieben (langen) Minuten zumindest Einblick in die Genrevorstellungen von Nightforest: Ambient BM will man machen, und weil der eigentliche BM mit Ambient nichts zu tun hat, wird der Hörer immer wieder und viel zu oft mit allen möglichen Intermezzi belästigt, die kaum für Stimmung sorgen, den Fluss des Albums aber gekonnt ins Stocken bringen. Das geht soweit, dass man mit Gewalt ein Outro aufs Album packen musste, obwohl das getragene letzte "richtige" Stück einen viel besseren Ausklang abgegeben hätte. In Sachen Ambientambitionen kann ich der Band also nur raten, sich das Ganze nochmal gründlich zu überlegen.
Dafür spricht auch, dass der eigentliche BM von Nightforest ganz passabel ist. Das Fundament zumindest ist in Ordnung, was noch fehlt, sind ein paar grosse Ideen. "Noreia's Call" etwa fängt sehr melodisch und vielversprechend an, leider aber versäumt man es, das Auftaktthema zu entwickeln und zu einem denkwürdigen Höhepunkt zu führen. Ein geschickt plaziertes, explosiv inszeniertes Lead oder Solo hätte hier Wunder bewirken können. Von den allzu offensichtlichen Emperor-Verweisen hat die Truppe sich verabschiedet, was in Sachen Eigenständigkeit sicher lobenswert ist - doch dummerweise hat man nichts zu bieten, was diese Lücke füllen könnte. Bleibt zu hoffen, dass die bei "From a Sea..." kurz anklingenden Ausflüge in rhythmisch entspannte Viking-Gefilde in Zukunft nicht als Identitätsstifter herhalten sollen.
Unterm Strich ist "Winternight" kein übles Album geworden. Das Material der Band ist schwung- und kraftvoll, dezent melodisch, angenehm gitarrenorientiert und kompetent aufgenommen worden. OK, in ihrer Gesamtheit bietet die Scheibe zuviel Ambientgetue, und echte Granaten fehlen auch, aber: Nightforest sind immer noch eine junge Band. Auch wenn ich von "Winternight" nicht sonderlich begeistert bin, so kann ich mir doch vorstellen, dass aus der Gruppe noch was wird.

5 /10

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Bleichmond Tonschmiede

 

Erik
24.02.2011